Gewalt ist keine Lösung
Raus aus der Beziehungshölle
Wenn die partnerschaftliche Zweisamkeit nicht mehr funktionieren sollte und der gelebte Alltag sich belastend schwer wie Blei anfühlt, dann ist eine Veränderung dringend notwendig.
Kein Mensch sollte sich genötigt fühlen, unfähige Lebenslügen seines Gegenübers austragen zu müssen, der nicht bereit ist kritisch auf seine eigenen Gedanken und Handlungen zu schauen.
Keiner sollte sich als Prellbock an die Wand stellen lassen und Demütigungen hinnehmen müssen.
Jeder ist alleine für sich selbst verantwortlich. Keiner kann ein schuldhaftes Verhalten eines anderen übernehmen und ist nicht der "Packesel" einer unreifen, übertragenen Schuldthematik.
Sollte sich ein solcher Zustand nicht verändern, muss man die Reißleine ziehen, da ansonsten die Schäden immer größer und nur Nachteile mit sich bringen werden.
Der Alltag in einer Beziehung ist nicht immer nur heller Sonnenschein.
In jeder Beziehung kann es zu Konflikten kommen, denn Partner spiegeln sich nicht nur freundschaftlich liebevoll miteinander, nein auch Schattenaspekte kommen in einer gelebten Zweisamkeit zu Wort und melden sich auf der großen partnerschaftlichen 'Bühne' und wollen kräftig mitmischen.
Und ja, man kann sich gegenseitig auch auf die Nerven gehen, auch das gehört dazu und ist nicht dramatisch.
Frauen möchten gerne die perfekte Harmonie spüren und das in jedem Moment, das gibt ihnen Sicherheit.
Für so manchen Mann (männlichen Part) kann dies aber schon zu viel sein, da er einfach mal auf sich selbst fallen möchte.
Nicht selten kommt es vor, dass wir uns durch eine gelebte Enge und permanente Anspruchshaltung in eine Rolle gezwängt fühlen, aus der wir dann auch wiederum entfliehen wollen, da wir uns so nicht positiv und produktiv entfalten können.
Das alles ist legitim und gehört zum Leben dazu und muss auch sein. Wir dürfen uns nicht zum angeblichen Wohle unseres Partners in eine Rolle zwängen, die nicht unserem Urnaturell entspricht.
Doch sollten wir, wenn wir uns eine zeitlang angepasst haben, vorsichtig von der zwanghaften Rolle distanzieren. Denn wie wir uns befreien, darauf kommt es an.
Wir sollten nicht mit unserem Gegenüber streiten und ihn verantwortlich machen für unsere eigene Einstellungshaltung.
Keiner kann uns in eine Rolle zwängen, in die wir nicht selbst hinein schlüpfen wollen.
Das häufig, gerade bei Männern unbewusst gelebte Anpassungsprinzip, stammt zumeist aus der Kindheit. Nicht selten passen sich Söhne den Müttern an und fühlen sich eingeengt und eingesperrt, da sie die ihnen auferlegten Erziehungsmaßnahmen nicht logisch nachvollziehen können. Ihrer Logik widerspricht dann das Regelwerk, welches sie in ihrer Kindheit annehmen und ausüben mussten.
Unreflektierte Männer, sowie auch viele Frauen, werfen dann schnell einen vorwurfsvollen Rückblick in die erlebte Kindheit, bedauern sich und legitimieren damit ihr alltägliches Verhalten gegenüber ihrem Umfeld.
Die anderen sind schuld an ihrem Desaster und damit müssen sie nicht handlungsfähig auf ihre eigenen Unzulänglichkeiten blicken.
Wenn wir es gewohnt sind, andere für unsere eigene Ohnmacht verantwortlich zu machen, dann erlauben wir uns eine Täterschaft, die so nicht sein darf.
Auch gefühlt einengende Bindungsketten der innerlich auferlegten Disziplin, die sich spürbar um unseren Körper legen und uns angeblich unserer Handlungsfähigkeit berauben, legitimieren keine Aggressionen gegenüber anderen Personen.
Es wird nichts nützen, wenn man lauthals und gewaltvoll versucht Ketten zu sprengen, da man meint, keine Luft mehr zu bekommen.
Gewalt ist keine Lösung!
Doch woher kommen solche Reaktionen und Gefühle, die doch relativ häufig in Familiensystemen anzutreffen sind?
Wenn wir einen Blick in die eigene Kindheit werfen, dann werden wir übernommene Muster erkennen, die eindeutig zeigen, dass so manch einer sich passgenau und unfreiwillig den Lebenssituationen des Elternhauses angepasst hat.
Muster, die wir beispielsweise aus Unsicherheit einst übernommen haben, müssen dem eigenen Urnaturell bei weitem nicht entsprechen.
Kinder übernehmen grundsätzlich wertneutral vorgelebte Verhaltensweisen ihrer Eltern und versuchen sich den gegebenen Vorgaben und Lebensmaßnahmen stilgerecht anzupassen.
Sollte sich beispielsweise ein Vater durch die väterliche Verantwortungsdisziplin in seiner Freiheitsentwicklung gehindert gefühlt haben und eventuell darüber krank geworden sein, dann könnte sich das heranreifende Kind als Zeitzeuge vorgenommen haben, dass ihm dies später niemals passieren wird.
Durch solche Prägungen könnten dann im gelebten Erwachsenenalltag Mechanismen geweckt werden, die Reaktionen hervorrufen, die man eigentlich so nicht haben möchte. Sollte man innerlich gestaute Wutaspekte, die sich früh genug spürbar bemerkbar machen, da sie energetisch das eigene Sichtfeld übernehmen wollen, nicht stoppen, dann werden die inneren Stimmen immer lauter, die da rufen, dass der andere Schuld an der innerlich gelebten Enge hat.
Je mehr man dies zulässt, desto mehr mutiert man zum Täter, da man der eigenen Unzulänglichkeit über andere Luft verschafft, ohne den innerlich geprägten Stecker zu ziehen, um eine dauerhafte Lösung zu aktivieren.
Sorgt man nicht für seine eigenen Musterprägungen und Lebenssysteme, blickt man nicht in den Spiegel der Selbstreflektion und Erkenntnis, dann scheint eine Art Lebensunfähigkeit den Alltag zu bestimmen.
Ohne Selbstanalyse erkennt man häufig nur den angeblichen Schmerzbringer im Außen
und meint Ordnung in das innerlich ermahnende Stimmengewirr bringen zu müssen, indem man lauthals sein Gegenüber in die Ecke zwängt.
Der Spiegelhalter im Außen soll dann endlich Ruhe geben, damit die inneren Stimmen die Klappe halten.
Doch genauso funktioniert das System nicht.
Übernommene Kindheitsmuster
Kinder übernehmen Muster aus dem Elternhaus und leben diese im Erwachsenenleben nach, bis sie erkennen, dass sie etwas leben, was nicht zu ihnen gehört, um diese unliebsamen Wegbegleiter dann auch wieder ablegen zu können.
Wenn wir Muster, übernommen aus der Kindheit, ungelöst einen großen Platz in unserem Leben einräumen, dann werden wir uns unfrei fühlen und das solange, bis wir uns entlasten von Aspekten, die nicht zu uns gehören.
Fühlen wir uns jedoch eingeengt, ausgeliefert und erkennen den angeblichen Freiheits-Schlüsselhalter nur im äußeren Umfeld, dann kann es sein, dass wir uns gewaltvoll wehren und das gegenüber unserem Umfeld, welches mit unseren gelebten Mustern gar nichts zu tun hat.
Wenn wir dem innerlich geprägten Stimmengewirr zu viel Platz einräumen und es zulassen, dass das Familienfeld als Prellbock der Entladung genutzt werden darf, dann richten wir Schaden an, der größer nicht sein kann.
Keine Person im Außen, ob groß oder klein, wird je für unsere eigene Unzulänglichkeit verantwortlich sein.
Personen im Außen, können lediglich innerlich geprägte Disharmonien nach vorne in unser Bewusstsein rufen, mehr aber auch nicht.
Wir alle brauchen Personen oder auch teilweise Konfliktsituationen im Außen, über die wir eigene Muster erkennen können, um zu spüren, was wir leben und nach welchem Lebensplan wir uns ausrichten.
Sollten sich durch gelebte Situationen Wutemotionen in uns breiten machen und unser Sichtfeld regieren wollen, dann wissen wir genau, dass eine innere Veränderung angesagt ist.
Situation im Außen, vor allem durch gelebte Gewalt, steuern zu wollen, wird nur Schaden anrichten.
Wir sollten in solch einem Fall innehalten und reflektieren, um zu erkennen, wie wir uns neu
positionieren können, um uns wohl zu fühlen.
Je glücklicher wir mit unserem Leben sind, desto strahlender werden wir unserem Umfeld begegnen können.
Der Erkenntnisgewinn
In so einem Fall geht es niemals darum äußere Lebenssituationen zu verändern, sondern lediglich darum, sich innerlich neu aufzustellen, um in Frieden leben zu können.
Natürlich könnte das auch eines Tages bedeuten, dass äußere Lebensumstände, durch innere Neuplatzierung keinen Nutzen mehr haben und wir uns eines Tages lösen, doch wird dies niemals gewaltvoll, sondern im Gegenteil, stets liebevoll und harmonisch von statten gehen. Das Leben ist ein Karussell, welches uns an Themen heranführt, die gelebt, gelöst und gemeistert werden wollen.
Erlangen wir die Meisterschaft, werden wir uns wohl und gesättigt fühlen.
Wenn wir uns kritisch betrachtend, verstehen wollen, sollten wir einen Blick auf unsere erlebte Kindheit werfen, um zu erkennen, welche Musterprägungen wir einst übernommen und auch nachgelebt haben, um das ehrenvoll wieder abzulegen, was wir einst mühsam aufgesammelt haben.
Prägungen aus dem Elternhaus
Doch viele hadern mit dem Elternhaus und versuchen die Vergangenheit verdrängungsmäßig hinter sich zu lassen.
Tiefergehende Erinnerungsblicke in die Kindheit zu werfen, scheint für viele Menschen unangenehm zu sein und werden eher vermieden.
Doch nützt es nichts, das zu verdrängen, was so wichtig in uns als Prägung vorhanden ist.
Wir können belastende Ursächlichkeiten nur anpacken und verändern, wenn wir uns auch trauen wahrhaftig dorthin zu blicken, wo der ursächliche Keim begraben liegt.
Solange wir mit den Eltern hadern, uns mit ihnen und ihren Unzulänglichkeiten negativ motzend auseinandersetzen, solange können wir davon ausgehen, dass wir eine Vermeidungstaktik an den Tag legen.
Wir suchen uns dann einen Alibi-Prellbock in unserem nahen Umfeld, den wir als Punchingball missbräuchlich nutzen können, um der innerlich gestauten Wut Luft zu machen.
Immer dann, wenn sich unsere gestaute Unzulänglichkeit in uns anklopfend meldet, holen wir uns schuldhaft innerlich erklärte Bilder nach vorne in unser Bewusstsein, die andere schuldig sprechen, damit wir nicht über uns selbst nachdenken und produktive Lösungen finden müssen.
Stets dauerhaft schlechte Bewertungen gegenüber dem erlebten Elternhaus abzugeben, ohne das wahrhaftige Handlungsspiel zu erkennen, wird uns keinen Nutzen bringen und ist logisch betrachtet, reine Zeitvergeudung.
Wir müssen nicht gutheißen, was wir in unserer Kindheit erlebt haben, aber wir sollten produktiv mit erlebten Mustern umgehen, um uns zu befreien.
Wir haben nur eine begrenzte Zeit und die sollte man sinnvoll nutzen.
Wir sollten nach der Selbsterkenntnis das ablegen, was wir einst aus unseren Kindertagen übernommen und in unser eigenes System eingeprägt haben.
Lösen wir uns in Selbstdisziplin und befreien uns von eigenen Gefängnismauern, werden wir stets handlungsfähig und glücklich sein.
Wir können uns dann auf uns verlassen und werden weder eine selbst gelebte Täterschaft, noch eine Opferbereitschaft in uns tragen.
Uns wird dann keiner mehr aus der Ruhe bringen können.
Sollte uns dann jemand begegnen, der uns auf ein Täter-/Opferspielfeld einladen möchte, werden wir uns dieser zwanghaften Einladung sofort entziehen.
Wir wissen ganz genau, welchen Kraftakt wir bräuchten, um uns mit einer Portion Gewalt wieder befreien zu können.
Wir müssen nicht jedem als Erkenntnisgewinn körperlich dienlich sein!
Schlaue Menschen entziehen sich im Vorfeld.
Wir sind stets handlungsfähig und können alle Spielfelder so bewegen, wie es uns selbst und auch unserem persönlichem Lebenswerk entspricht.
Wenn wir die Bereitschaft der inneren Reflexion, Wandlung und Positionierung in uns tragen, wird Gewalt für uns ein Fremdwort sein.
Quelle: Sabine Guhr-Biermann